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News & Aktuelles

31. Januar 2021
Autor:
Publisher: FH Finanzberatung GmbH

Investment-Nachrichten I-2021

Das Jahr 2020 wird uns wohl noch lange...

Das Jahr 2020 wird uns wohl noch lange in Erinnerung bleiben. Das alles überlagernde Thema war fast das ganze Jahr, Corona, oder genauer das SARS-CoV-2 Virus. Wohl schon Ende Dezember 2019 in China erstmals aufgetreten, breitete es sich Anfang des Jahres 2020 über die ganze Welt aus. Ab dem 16. März werden in Deutschland Geschäfte geschlossen und in der Folge auch Schulen, Betriebe und Restaurants. Anfang Mai gab es dann die ersten Lockerungen. Die Pandemie nahm ihren Lauf. Am 9. November dann die erfreuliche Nachricht von Biontech und Pfizer. Der von beiden Firmen entwickelte Impfstoff hat sich in klinischen Tests als sehr wirkungsvoll erwiesen. Bis heute sind in der EU 3 Impfstoffe zugelassen, weitere werden folgen.

Ich denke, ab Ostern können wir mit Lockerungen der verfügten Lebenseinschränkungen rechnen und wieder ein bißchen Freiheit zurückgewinnen. Bis dahin sind wohl die meisten Personen der Risikogruppen, also Bewohner in Alten- und Pflegeheimen, viele ältere Menschen und das Personal im medizinischen Bereich, zweimal geimpft worden. Dann werden hoffentlich die Intensivstationen entlastet und die Todesfälle drastisch sinken. Außerdem wird die wärmere Witterung helfen. Wenn wir Glück haben, sind bis zum kommenden Winter 50% der Bevölkerung geimpft und es gibt bald Medikamente zur Behandlung von schweren Corona-Verläufen.
Ob uns Mutationen des Virus wieder in Schwierigkeiten bringen, bei denen Impfstoffe nicht mehr wirken oder ob eine erneute Infektion trotz Impfung auftreten kann, weiß heute keiner. Genauso wenig, ob ein Geimpfter das Virus noch verbreiten kann. D.h. wir werden noch lange auf unseren „alten“ Lebensalltag warten müssen. Länder wir Australien oder Neuseeland werden ihre Grenzen wohl bis nächstes Jahr für Urlauber geschlossen halten.
Wir, als Gesellschaft, müssen für die Zukunft diskutieren und entscheiden, mit wie vielen Corona-Kranken jährlich wir ohne Lebenseinschränkungen leben können, wie mit jeder anderen Krankheit auch. Eliminieren können wir das Virus vermutlich nicht. Ich möchte mir nicht ausmalen, was eventuell passieren könnte, wenn die harten Einschränkungen unseres gewohnten Lebens bleiben, mehr und mehr Menschen denen überdrüssig werden und sich nicht mehr an die verordneten Maßnahmen halten. Hoffen wir also auf einen guten Ausgang dieser „Geschichte“.

Eine solche Einschränkung des Alltags und Wirtschaftslebens gab es in Deutschland seit dem 2. Weltkrieg nicht mehr. Sowohl die Bundesregierung als auch viele anderen Staaten weltweit schnürten riesige finanzielle Hilfspakete. Es wurden Kredite zur Liquiditätsüberbrückung bereitgestellt, aber auch direkte Hilfen an betroffene Unternehmen und Beschäftigte beschlossen. Bei der Umsetzung und Auszahlung der aktuellen Hilfen für den Winter hapert es allerdings noch. Nach 6 Jahren in Folge ohne Neuverschuldung belief sich im abgelaufenen Jahr die Nettokreditaufnahme allein beim Bund auf mehr als 130 Mrd. Euro, dazu kommen noch ca. 40 Mrd. € der Länder und Kommunen. Für 2021 plant Finanzminister Olaf Scholz mit weiteren 180 Mrd. € neuen Schulden. Da stellt sich natürlich für die Zukunft die Frage nach der Rückzahlung. Eventuell höhere Steuern? Oder soll es die nächste Generation bezahlen? Kleines Trostpflaster für uns und Scholz, Zinsen müssen für die Kredite nicht bezahlt werden.

In Deutschland wurde wieder massiv vom Kurzarbeitergeld Gebrauch gemacht. Ein gutes sozial-politisches Instrument, um Entlassungen zu vermeiden. Im jetzigen Lockdown ist hauptsächlich der Dienstleistungsbereich von Schließungen betroffen. Der Industrie- und Gewerbesektor läuft derweil auf Hochtouren, was unter anderem der hohen Nachfrage aus China/Asien und einem Aufholprozeß aus dem vergangenen Jahr geschuldet ist. Nichtsdestotrotz sanken die deutschen Exporte letztes Jahr um ca. 12% und liegen nun nominal auf dem Niveau von 2015. Im Mai läuft die Aussetzung der Insolvenz-antragspflicht aus. Ab dann schlägt die Stunde der Wahrheit, insbesondere für kleinere Unternehmen und Selbständige. Danach werden wir einige Pleiten sehen, bzw. auch strukturbedingten Stellenabbau. Z.B. hat die Commerzbank angekündigt, weltweit 10.000 Stellen streichen zu wollen und 350 Filialen zu schließen. Die Parfümerie-Kette Douglas plant, 60 von 430 Geschäften in Deutschland mit ca. 600 Mitarbeitern zu schließen.

Aber nicht nur die Regierungen haben massive Rettungspakete geschnürt, auch viele Notenbanken stellen zur Zeit unlimitiert und zum Nullzins Geld zur Verfügung. In den USA z.B. hat die Zentralbank in 2020 ca. 3,2 Billionen US-Dollar „gedruckt“, was technisch durch Aufkäufe von Staats- und Unternehmensanleihen durchgeführt wird. Die Trump-Regierung hatte gigantische Unterstützungs-programme aufgesetzt. Im Frühjahr 2020 wurden ca. 2 Bill. US-Dollar zur Verfügung gestellt, kurz vor Weihnachten kamen noch einmal 900 Mrd. $ dazu. Der frische gebackene US-Präsident Joe Biden plant dieses Jahr so schnell wie möglich ein weiteres staatliches Hilfspaket in Höhe von 1,9 Billionen Dollar.

Die EZB (+2.500 Mrd. Euro) und die EU-Kommission (+1.800 Mrd. Euro) wollten dem in Nichts nachstehen. Und auch zukünftig wird die EZB alles Nötige tun, um die notwendigen Staatshilfen aufgrund der Corona-Krise zu finanzieren. In 2020 hat die EZB die gesamte Nettoschuldenaufnahme des Euro-Raums mit Anleihenkäufen finanziert und wird das vermutlich auch 2021 tun. Im Gegensatz zu China, wo staatliche Ausgabenprogramme in Infrastrukturprogramme fließen (Straßen, Schulen, Eisenbahnen u.ä.), wird in der EU das Geld fast ausschließlich für unproduktive Sozialtransfers verwendet. Im Unterschied zu Asien kann man in Europa immer mehr einen Wandel von der sozialen Marktwirtschaft zu einer sozialistischen Planwirtschaft feststellen.

Unten sehen sie, wie viel Geld die europäische Zentralbank seit 2004 „gedruckt“ hat. Es ist die blaue Linie und die linke Skala. (indirekte Staatsfinanzierung der EZB)


         

In den USA wurde so viel Geld unter den Bürgern verteilt, daß es viele gar nicht ausgeben konnten, da viele Geschäfte, Restaurants, Bars, Kinos und Hotels geschlossen hatten und auch Urlaubsreisen nicht wie gewohnt möglich waren. Das führte dazu, daß die Amerikaner in 2020 ca. 1.000 Mrd. $ zusätzlich auf Konten angespart haben. Mit den beiden neuen Hilfsprogrammen kann sich diese Summe unter Umständen noch verdoppeln. Durch diese Geldflutung einerseits und mangelnden Alternativen an Arbeit und Abwechslung, entdeckten viele Amerikaner ein neues Hobby. Aktienmarktspekulation. Und nicht nur mit Aktien allein, sondern häufig auch gehebelt mit Optionen und Derivaten. In den USA gab es im vergangenen Jahr so viele Depotneueröffnungen wie zuletzt im Jahre 2000. Viele erinnern sich vielleicht noch, was an den Börsen in den darauffolgenden Jahren passiert ist.

Nur zwei Beispiele dieser Spekulationsexzesse in den USA seien hier genannt:

  • Signal Advance: Als der Firmenchef von Tesla, Elon Musk, in einem Tweet am 7. Januar schrieb, „use Signal“, gab es einen Kaufrausch in der Aktie von Signal Advance, da viele Aktienzocker meinten, Musk beziehe sich auf dieses Unternehmen. Die Aktie, die monatelang bei 0,60 $ notierte, schoß innerhalb 5 Tage auf über 70 $. Das Medizintechnik-Unternehmen mit 9 Angestellten und 8 Mio. $ Umsatz war plötzlich über 3 Mrd. Dollar wert. Dabei meinte Elon Musk, man sollte den Messenger-Dienst Signal anstatt Whatsapp nutzen.

  • Gamestop: Vielleicht kennen einige die Einzelhandelskette für Videospiele, die auch in Deutschland Filialen hat. Der Kurs notierte das Jahr 2020 konstant um die 5 US-Dollar, bis Ende des Jahres die Jagd begann. In vielen Internetforen wurde die Aktie beworben, der Kurs stieg. Dadurch sprangen immer mehr auf den fahrenden Zug auf. Seit 1.11.2020 hat sich die Aktie versiebenundvierzigfacht, Höchstkurs: 500,99 US-Dollar. Das bedeutet einen Unternehmenswert von 34,9 Mrd. $, bei knapp 6,5 Mrd. $ Jahresumsatz. Dabei haben fast alle Filialen des Unternehmens aufgrund Corona geschlossen. Die Firma hat sowohl 2019, als auch 2020 einen hohen Verlust erwirtschaftet und 1,6 Mrd. Dollar Schulden. Sie verkauft hauptsächlich Videospiele und die dazugehörige Hardware. Online-Handel ist nur spärlich ausgeprägt. Allein in den letzten 5 Tagen, beim Formulieren der letzten Zeilen hier, explodierte der Kurs um 1065%.

Auch in Deutschland haben viele den Aktienhandel entdeckt. Im Homeoffice kann man das bequem den ganzen Tag über machen. Das läßt sich gut an den vielen, kleinen Ordergrößen bei Highflyer-Aktien beobachten. 

Wie sehen die nackten Wirtschaftszahlen heute aus? Das Bruttoinlandsprodukt ist 2020 in der BRD um 5% gesunken. Das ist ein bißchen weniger als zuerst befürchtet. Hier halfen die Maßnahmen der Regierung zur Stützung der Wirtschaft und zur Stabilisierung der Einkommen. Geholfen hat auch die schnelle Erholung der Konjunktur in China. Davon profitieren vor allem die deutschen Maschinenbauer und Automobilhersteller. 38% der von deutschen Autobauern weltweit produzierten KFZ werden nach China exportiert.
Wie stark betroffen andere Bereiche unserer Wirtschaft sind, sieht man an diesen Beispielen.
Das Passagieraufkommen am Frankfurter Flughafen im Jahr 2020 belief sich auf 18,8 Mio. Fluggäste, im Jahr 2019 waren es noch 70,5 Mio. Passagiere. Ein Minus von 73%. Die deutsche Lufthansa hat von ihren weltweit 135.000 Beschäftigten 29.000 entlassen, fast der komplette Rest arbeitet in Kurzarbeit.
Im Gastronomiebereich kam es in Deutschland 2020 Schätzungen zufolge zu einem Umsatzrückgang von 30%-35%. Die November/Dezember-Hilfen (die Gastronomiebetreiber erhalten vom Staat 75% ihres Umsatzes des Vorjahres als Unterstützung) waren zwar großzügig, werden ab Januar aber wieder auf Betriebskostenunterstützung reduziert. Hier trifft es viele Schüler, Studierende und Teilzeitbeschäftigte, die ihren Job verloren haben oder auf staatliche Hilfen angewiesen sind.
Die Arbeitslosenquote ist das vergangene Jahr nur von 4,9% auf 5,9% gestiegen. Hier macht sich die stabilisierende Kurzarbeit bemerkbar.

Die Erwartungen einer großen wirtschaftlichen Erholung für dieses Jahr sind hoch. Nach einer Mini-Rezession im ersten Quartal aufgrund des andauernden Lockdowns, sollte die Weltwirtschaft ab der 2.  Jahreshälfte ordentlich zulegen. Falls es die Infektionszahlen zulassen, Wirtschaft, Kultur und Freizeiteinrichtungen wieder zu öffnen, wird sich die aufgestaute Konsumnachfrage nach und nach entladen. Wie stark, hängt natürlich vom weiteren Verlauf der Pandemie ab. Mit kleinen Rückschlägen muß deshalb immer wieder gerechnet werden.

An den Aktienmärkten ist diese erhoffte Entwicklung schon weitgehend eingepreist. Störfaktoren wie Ex-Präsident Trump oder die ungeklärte Brexit-Frage sind ad acta gelegt. Der Handelskonflikt mit den USA wird auch unter einem Präsidenten Biden so schnell nicht gelöst, aber zumindest nicht verschärft. Chinas Erholung ging sehr schnell vonstatten und dürfte auch auf die asiatischen Nachbarländer übergreifen. China hat mit 14 anderen Asien-Pazifik-Staaten den größten Freihandelsraum der Welt kreiert. Nach 8-jährigen Verhandlungen wurde die Wirtschaftspartnerschaft, RCEP, im November unterzeichnet. Indien hatte sich kurz davor vom Verhandlungstisch zurückgezogen.

Um weitere, wesentliche Kursgewinne an den Aktienbörsen zu rechtfertigen, müßte es dieses Jahr Überraschungen bei den schon sehr optimistischen Gewinnprognosen der Unternehmen geben. Viele haben zwar die Coronakrise genutzt, um ihre Kostenbasis zu reduzieren, nun müssen aber die avisierten Umsatzzuwächse und Gewinnsprünge realisiert werden. Vor allem die zyklischen Industriewerte und der Dienstleistungssektor könnten vom Aufschwung profitieren.

Hier die Wertentwicklung des Jahres 2020 einiger Börsen in Euro (ca. Angaben):

DAX: +3,5%                 S&P 500: +6,7%          Eurostoxx 50: -5,1%               China: +23,2%

MDAX: +8,8%             Nasdaq: +35,5%         Emerging Markets: +4,9%

Gold: +14,9%              US-Dollar: -8,9%        Rohöl (Brent): -31,4%            Bitcoin: +270%

 

Für den weiteren Börsenverlauf sollte man die Inflationszahlen im Blick haben. Die steigenden Energiepreise werden zumindest dieses Jahr ab April aufgrund von Basiseffekten zu einer höheren Inflationsrate beitragen. Des Weiteren könnte die starke Konsumnachfrage in einigen Branchen zu steigenden Preisen führen. Auch die durch die Krise gebeutelten Wirtschaftszweige werden versuchen, Preiserhöhungen durchzusetzen. Davon wird abhängen, wie stark die langfristigen Marktzinsen steigen. Noch sind diese in Deutschland negativ.
Dies wiederum hat Auswirkungen auf die Aktienkurse, vor allem der Tech-Werte, die sowieso schon sehr hoch bewertet sind. Wenn die ganzen Unterstützungsmaßnahmen im Laufe des Jahres verringert werden, könnten die Aktienmärkte im 2. Halbjahr durchaus einen Kater bekommen. Die Euphorie-Stimmung ist aktuell an den Börsen auf einem noch nie gesehenen Rekord-Niveau. Wenn hier mal ein Stein des Verkaufens ins Rollen kommt, geht es schnell abwärts. Dann wiederum müssen spekulative, kreditfinanzierte Aktienkäufe glattgestellt werden, was weiteren Verkaufsdruck erzeugt.
Das sollte bei der Geldanlage keinen davon abhalten, langfristig Aktien den Vorzug zu geben. Korrekturen gehören zum Börsenalltag dazu und bieten meistens Chancen, zu günstigeren Kursen nachzukaufen. Und zu guter (schlechter) Letzt werden die Zentralbanken dann auch noch Aktien kaufen, wenn es sein muß, um die Kurse zu stützen.

 

Vielen Dank für Ihr Vertrauen und bleiben Sie gesund!

Frank Hogenmüller